Hier finden Sie die aktuellsten Informationen und Links zur Arzneimittel-Versorgungslage der Schweiz.
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Versorgungslage mit Arzneimitteln
Die wirtschaftliche Landesversorgung stuft die Lage bei der Versorgung mit lebenswichtigen Arzneimitteln seit Januar 2023 als problematisch ein. Die WL sieht folgende Hauptgründe für die Verschärfung der Lage:
Der weltweite Mangel an Antibiotika wurde durch Covid-19 und die Produktionsengpässe bei den Wirkstoffen bedingt durch Lockdowns insbesondere in China massiv verschärft. Dieses globale Problem sowie die aktuell starke und langandauernde Infektionswelle führen auch in der Schweiz dazu, dass die Nachfrage nicht mehr vollständig durch das Angebot gedeckt werden kann.
Die Versorgungsstörungen betreffen zunehmend orale Formen und damit den ambulanten Bereich (zum Beispiel Apotheken und Arztpraxen oder Behandlung zu Hause) und nicht wie in den letzten Jahren die Spitäler. Der ambulante Bereich ist deutlich schwerer durch Massnahmen der wirtschaftlichen Landesversorgung kontrollierbar als der Spitalbereich: Erstens sind mehr Dienstleister (Ärzte und öffentliche Apotheken) betroffen und zweitens sind die Distributionswege (Verteilung über Grossisten) nicht mehr durch die Zulassungsinhaberin direkt zu kontrollieren. Bei Grossisten erfolgt die Bestellabwicklung grösstenteils vollautomatisiert, manuelle Kontrollen und Beschränkungen sind kaum umsetzbar.
Lage verschlechtert sich weiter
Die Versorgungslage bei Arzneimitteln verschlechtert sich seit mehreren Jahren stetig. Dies verdeutlicht die Statistik der Meldestelle der wirtschaftlichen Landesversorgung: Die Zulassungsinhaberinnen sind verpflichtet, Engpässe bei lebenswichtigen Medikamenten der Meldestelle zu melden. Im Jahr 2022 ist die Anzahl Meldungen auf der Heilmittelplattform um rund 9 % gegenüber 2019 gestiegen, dies nach einem Rückgang während der beiden Covid-Jahre. Über 150-mal wurde im Jahr 2022 ein Pflichtlagerbezug beantragt. Dies entspricht einem neuen Höchststand. In rund 120 Fällen wurde der Markt daraufhin mit Waren aus den Pflichtlagern versorgt. Die steigende Zahl an Marktrückzügen erschwert zudem den Ersatz betroffener Arzneimittel. Immer häufiger sind Produkte mit Monopolcharakter betroffen. Vor diesem Hintergrund beurteilte die wirtschaftliche Landesversorgung die Versorgungslage bei Arzneimitteln bisher bereits als «stark unter Druck» und gab bereits Pflichtlager frei.
Massnahmen
Die im Sommer 2015 eingerichtete Meldestelle im BWL ermöglicht im Sinne eines Frühwarnsystems eine rasche Erfassung von Versorgungsstörungen bei meldepflichtigen, lebenswichtigen Humanarzneimitteln und Impfstoffen. Akteure im Gesundheitswesen müssen Lieferengpässe frühzeitig melden.
Taskforce empfiehlt Abgabe von Teilmengen
Die «Taskforce Engpass Medikamente» hat eine Reihe von Sofortmassnahmen definiert, einige bereits umgesetzt sowie mittel- und langfristige Massnahmen in schon laufende Projekte überführt. Als wichtige Sofortmassnahme wurde umgesetzt, dass bei Medikamenten mit Versorgungsengpässen die Abgabe von Teilmengen empfohlen wird.
Störungen langfristig minimieren
Mittel- und langfristige Massnahmen zur Verbesserung der Arzneimittelversorgung werden bereits vom BWL und BAG gemeinsam evaluiert. Dabei geht es insbesondere darum, die Störungen früher und breiter zu erfassen, deren Umgang damit zu erleichtern sowie die Marktbedingungen insgesamt zu verbessern, mit dem Ziel weniger Störungen zu haben.
FAQ
Heilmittel umfassen Arzneimittel und Medizinprodukte. Sie werden bei der Erkennung, Verhütung und Behandlung von Krankheiten, Verletzungen und Behinderung eingesetzt. Dabei gilt es zwischen Arzneimitteln und Medizinprodukten zu unterscheiden:
Arzneimittel sind Produkte chemischen oder biologischen Ursprungs, die zur medizinischen Einwirkung auf den menschlichen oder tierischen Organismus bestimmt sind oder angepriesen werden. Der Begriff umfasst Medikamente und auch Impfstoffe.
Medizinprodukte sind Produkte, die für die medizinische Verwendung bestimmt sind oder angepriesen werden, wenn die Hauptwirkung nicht durch ein Arzneimittel erreicht wird. Zu den Medizinprodukten zählen auch Instrumente, Apparate, In-vitro-Diagnostika, Software und andere Gegenstände bzw. Stoffe.
(Quelle: BAG)
Die Anbieter von Arzneimitteln müssen Versorgungsstörungen bei Medikamenten mit bestimmten Wirkstoffen der Meldestelle Heilmittel melden. So ist es gesetzlich vorgeschrieben (Verordnung über die Meldestelle für lebenswichtige Humanarzneimittel)Der Bundesrat legt fest, um welche Wirkstoffe es sich dabei handelt. Mit der Meldestelle kann die WL frühzeitig Engpässe entdecken. Je nach Situation kann die WL in der Folge anordnen, dass die Unternehmen Ware aus ihren Pflichtlagern nehmen und in den Markt bringen dürfen, um einen Engpass zu beheben. Diese zusätzlichen Medikamente können die Patientinnen und Patienten dann über die üblichen Kanäle (also Apotheken und Ärzte) beziehen.
Die Versorgungslage bei den Arzneimitteln verschlechtert sich seit mehreren Jahren stetig. Im letzten Jahr erreichte die Anzahl Versorgungsstörungen bei der Meldestelle Heilmittel mit rund 200 Meldungen ein Rekordhoch. Analog dazu wurden im letzten Jahr über 120 Pflichtlagerfreigaben genehmigt. Die steigende Zahl an Marktrückzügen erschwert zudem den Ersatz betroffener Arzneimittel. Immer häufiger sind Produkte mit Monopolcharakter betroffen. Antibiotika sind im Moment durch die hohen Ansteckungszahlen mit grippeähnlichen Erkrankungen und dem weltweiten Mangel an Wirkstoffen besonders unter Druck.
Den grössten Teil der Pharmaindustrie in der Schweiz machen die innovativen Medikamente und die Forschung aus. Von Engpässen betroffen ist aber die Grundversorgung mit Wirkstoffen, deren Patent abgelaufen ist. Die steigende Anzahl an schweren Versorgungsstörungen kann auf verschiedene komplexe Faktoren zurückgeführt werden, die oft wirtschaftlichen Charakter haben: z.B. werden bestimmte Produkte nur an einigen wenigen Standorten produziert, die Lager werden immer kleiner, oder es gibt regulatorische Probleme und Unternehmensentscheide. Auch Qualitätsmängel können zu Produktionsunterbrüchen führen oder Schwankungen in der Nachfrage. Oft werden Produkte mit abgelaufenem Patentschutz, deren Herstellung aufwändig und teuer ist, zu Preisen verkauft, die die Kosten kaum decken und somit für die Firmen nicht mehr rentabel sind. Solche werden oft von den Firmen vom Markt zurückgezogen resp. nicht mehr hergestellt. Die Schweiz stellt im Vergleich zum Ausland einen relativ kleinen Markt dar, wo deutlich weniger Firmen gleiche Produkte profitabel anbieten können. Teilweise ist die Marktverteilung sehr ungleich oder es bestehen Monopole, was das Versorgungsrisiko massiv erhöht.
Das Landesversorgungsgesetz (LVG; SR 531) regelt Massnahmen zur Sicherstellung der Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen in schweren Mangellagen, denen die Wirtschaft nicht selber begegnen kann (Artikel 1 LVG). Die als lebenswichtig eingestuften Arzneimittel sind in der Verordnung über die Meldestelle für lebenswichtige Humanarzneimittel festgehalten.
In der Schweiz ist in erster Linie die Wirtschaft für die Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen verantwortlich (Artikel 1 LVG). Im Falle einer schweren Mangellage, welcher die Wirtschaft nicht mehr selber bewältigen kann, treffen der Bund und wenn nötig die Kantone die erforderlichen Massnahmen (Artikel 3 Absatz 2 LVG). Grundsätzlich trifft der Bund im Rahmen seiner Zuständigkeiten Massnahmen zum Schutz der Gesundheit [Artikel 118 Absatz 1 Bundesverfassung (BV; SR 101)]. Der Bund besitzt im Bereich der Gesundheitspolitik nur punktuelle Kompetenzen (Artikel 118 Absatz 2 BV). Für das Gesundheitswesen (insbesondere Spitalwesen) sind im Wesentlichen die Kantone zuständig.
Zuständig für Fragen zur Zulassung von Arzneimitteln in der Schweiz ist Swissmedic. Bekannte Produkte mit europäischer Zulassung können in einem vereinfachten Verfahren in der Schweiz zugelassen werden. Die Verantwortung für die Sicherheit der Medikamente liegt bei den Firmen, welche die Zulassung besitzen. Wenn Medikamente aus Europa eingeführt werden, welche in der Schweiz nicht geprüft sind, ist die Verantwortlichkeit nicht geklärt.
Der weltweite Mangel an Antibiotika hat sich durch Covid-19 und insbesondere durch Produktionsrückgänge wegen der Lockdowns in China verschlimmert. In den letzten Wochen hat die starke Ansteckungswelle mit grippeähnlichen Erkrankungen die bereits angespannte Versorgungssituation verschärft. Dies führt dazu, dass die Nachfrage nach Antibiotika nicht mehr vollständig gedeckt werden kann. Die Versorgungsstörungen betreffen zunehmend Medikamente, die geschluckt werden, und damit Anwendungen abseits von Spitälern. Störungen in diesem Bereich sind besonders schwierig zu kontrollieren, da viele Dienstleister (Ärzte und öffentliche Apotheken) und diverse Verteilungswege betroffen sind.
Die Anbieter von Arzneimitteln müssen Medikamente mit bestimmten Wirkstoffen der Meldestelle Heilmittel melden. Die Wirkstoffe sind vom Bundesrat definiert. Mit der Meldestelle kann die WL frühzeitig Engpässe entdecken. Je nach Situation kann die WL in der Folge Pflichtlagerfreigaben anordnen. Dann die mangelnden Wirkstoffe über die üblichen Kanäle (also Apotheken und Ärzte) in den Markt gebracht. Als kurzfristige Massnahme zur Verbesserung der aktuellen Versorgungssituation wurde eine Taskforce ins Leben gerufen. Zur Verbesserung der mittel- und langfristigen Versorgung mit Arzneimittel evaluieren das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung BWL und das Bundesamt für Gesundheit BAG gemeinsam Massnahmen. Dabei geht es insbesondere darum, die Störungen früher und breiter zu erfassen und einfacher zu bewältigen sowie die Marktbedingungen insgesamt zu verbessern. Ziel ist es, Versorgungsstörungen von Arzneimitteln zu minimieren.
Auch andere Länder mit vergleichbaren Gesundheitssystemen sind von den globalen Engpässen betroffen. Die Europäische Union hat Ende 2021 eine Studie über Arzneimittelengpässe in ihren Mitgliedstaaten vorgelegt. Sie kommt zum Schluss, dass systematische Vergleiche unter den EU-Mitgliedstaaten aufgrund der sehr unterschiedlichen Daten schwierig sind. Sie hält jedoch fest, dass vor allem Engpässe bei Arzneimitteln beobachtet werden können, deren Patent abgelaufen ist und die nicht mehr zum vorherigen Preis verkauft werden können. Die Pandemie hat zudem Diskussionen zur Pharmaproduktion in Europa ausgelöst. Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, die Produktion in Europa zu fördern und finanzielle Anreize für Unternehmen zu schaffen, welche Wirkstoffe für Arzneimittel in Europa produzieren. Auch soll eine europäische, strategische Arzneimittel-Reserve eingerichtet werden. Die Frage des Standortes löst das Problem aber nur bedingt, da auch europäische oder schweizerische Standorte, welche als Monopole die Marktversorgung gewährleisten, ein Versorgungsrisiko darstellen. Gerade die aktuell stark betroffenen Antibiotika in Tablettenform stammen mehrheitlich aus europäischen Betrieben.
Seit Oktober 2015 betreibt die wirtschaftliche Landesversorgung eine Meldestelle für Versorgungsstörungen von bestimmten lebenswichtigen und versorgungskritischen Wirkstoffen. Die meisten Versorgungsstörungen werden zusammen mit einer Empfehlung publiziert. Dazu definiert die WL zuerst mögliche Ersatzprodukte für das fehlende Präparat und überprüft dann, ob diese in ausreichendem Mass auf dem Markt verfügbar sind.
Im Bereich Humanmedizin bestehen Pflichtlager für Medikamente, die bei ansteckenden Krankheiten eingesetzt werden (Antibiotika, Antimykotika, Tuberkulostatika, Virostatika, Immunglobuline), starke Schmerzmittel (Analgetika und Opiate), Impfstoffe und einige andere Substanzen. Dank der Pflichtlager konnte die WL in den vergangenen Jahren viele Versorgungsstörungen verhindern oder zumindest entschärfen. Die WL überprüft regelmässig die lagerpflichtigen Produkte und die gelagerten Mengen und passt sie bei Bedarf an.
Meldestelle Heilmittel
Die Meldestelle hat zum Ziel, Lieferunterbrüche bei Medikamenten rasch zu erfassen und Massnahmen zur Sicherung der Versorgung der Patienten zu ergreifen, wenn die Wirtschaft die Situation nicht mehr eigenständig bewältigen kann. Die von der Meldepflicht betroffenen Medikamente sind in der Verordnung über die Meldestelle für lebenswichtige Humanarzneimittel (SR 531.215.32) definiert.
Weiterführende Informationen
Letzte Änderung 29.07.2024