Die Energieversorgung der Schweiz ist derzeit sichergestellt. Die wirtschaftliche Landesversorgung (WL) analysiert die allgemeine Versorgungslage der Schweiz in den regelmässigen Lagebeurteilungen. Die Aktuellste Lagebeurteilung ist jeder Zeit auf der Seite Versorgungslage aufrufbar.
In der Schweiz sprechen wir von einer Mangellage, wenn das Angebot die Nachfrage nicht mehr decken kann und auch der Markt und die Preise keine regulierende Wirkung mehr haben. Es handelt sich um eine Extremsituation mit gravierenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen, die sich nicht vermeiden lassen und der die Wirtschaft nicht allein zu begegnen vermag. Gestützt auf das Landesversorgungsgesetz LVG ordnet der Bundesrat in dieser Situation Interventionsmassnahmen zur Energieversorgung an.
Eine Strommangellage ist nicht zu verwechseln mit einem Stromunterbruch, auch Blackout genannt. Blackouts sind unvorhersehbare Unterbrüche der Stromversorgung von einigen Minuten, Stunden oder Tagen, die meist aufgrund von Schäden an der Verteilinfrastruktur, Netzüberlastung oder technischen Störungen auftreten. Stromunterbrüche bewältigt die Strombranche für gewöhnlich selbstständig.
Die Monitoring-Systeme, mit denen die wirtschaftliche Landesversorgung arbeitet, basieren auch auf Daten von Unternehmen. Es handelt sich dabei um geschützte Daten, deshalb sind diese Monitoring-Systeme für Strom und Gas nicht öffentlich zugänglich. Die so erhobenen Daten sind aber präziser und vor allem zeitnaher als die bis anhin verfügbare Datenbasis. Einige Erkenntnisse aus dem WL-Monitoring fliessen aber auch in das BFE-Dashbord ein, welches dem grossen Informationsbedürfnis der Allgemeinheit entgegenkommt.
Welche Anpassungen wurden seit Herbst 2023 an den Massnahmen für den Fall einer Strommangellage vorgenommen?
Seit dem Winter 2023/24 gibt es sowohl im Fall einer Sofortkontingentierung (auf Tagesbasis) wie auch einer Kontingentierung (auf Monatsbasis) eine Lösung für Grossverbraucher, die mehrere Standorte in verschiedenen Verteilnetzen haben. Auch die Weitergabe von Kontingenten (Handel mit Kontingenten) bei der Kontingentierung ist seit Winter 2023/2024 möglich. Beide werden durch eine zentrale Koordinationsstelle überwacht. Der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) wurde beauftragt, diese Koordinationsstelle zu bilden. Weiter wurde bei den Netzabschaltungen eine zusätzliche Variante mit einem Zeitfenster eingeführt, während welchem alle Teilnetzgebiete der Schweiz gleichzeitig mit Strom versorgt werden, damit der Zahlungsverkehr auch bei Netzabschaltungen gewährleistet werden kann. Zur Reduktion des Stromverbrauchs liegen Branchenlösungen für den öffentlichen Verkehr und den Güterverkehr auf der Schiene sowie für die Telekommunikationsbranche vor. Es folgt noch ein Vorschlag für die Abwasserreinigungsanlagen. Grossverbraucher mit Standorten in verschiedenen Verteilnetzen der Schweiz (Multi-Site-Verbraucher) können die ihnen zugeteilten Kontingente eigenverantwortlich summieren und verteilnetzübergreifend verwenden. Dafür müssen sie sich vorgängig beim Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) registrieren, was seit November 2023 möglich ist. Die Registrierungsplattform finden Sie unter Informationen für Grossverbraucher | Ostral .
Wie kann ich mich als Unternehmen auf eine Energiemangellage vorbereiten?
Im Hinblick auf eine mögliche Strom- oder Gasmangellage ist ein überlegtes BCM (Business Continuity Management) und das Thema Notstromversorgung äusserst wichtig. Hier finden Sie mehr Informationen zu diesen und anderen Vorbereitungsmassnahmen: Wirtschaft
Sie sparen in Ihrem KMU, Ihrem Fachbetrieb oder Unternehmen durch mehr Energieeffizienz Kosten und Energie.
Werden bei einer Strommangellage gewisse Anwendungen, Aktivitäten und Dienstleistungen generell unterbunden?
In einer Strommangellage können ab einem gewissen Punkt Anwendungen verboten werden, mit dem Ziel, noch stärkere Eingriffe in Wirtschaft und Gesellschaft zu vermeiden. Dies sind die sogenannten Verwendungsbeschränkungen und Verbote. Einen entsprechenden Massnahmenkatalog wurde erstellt, welcher situativ und in Abhängigkeit von der konkreten Versorgungslage erst im Einsatzfall abschliessend bestimmt wird. Der Bundesrat entscheidet dabei je nach Situation und Ausmass der Mangellage, welche Massnahmen ergriffen werden und ob Verbote oder Einschränkungen nötig sind. Bei der Entscheidung berücksichtigt der Bundesrat neben dem Einsparpotenzial und der Umsetzbarkeit der Massnahmen auch die Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Gesellschaft. Bei Verwendungsbeschränkungen und Verboten sowie Kontingentierungen von Grossverbrauchern ist es das Ziel, Angebot und Verbrauch auf reduziertem Niveau ins Gleichgewicht zu bringen, damit es nicht zu Netzabschaltungen kommt. Netzabschaltungen sind die letzte Massnahme, um einen kompletten Zusammenbruch zu verhindern, haben aber bereits einschneidende Folgen für die Bevölkerung und die Wirtschaft
Warum gibt es in den Verordnungsentwürfen keine abgestuften Begrenzungen von Raumtemperaturen?
Diese Massnahme für den Strombereich ist jener des Gasbereichs angeglichen worden, wo im Fall einer Mangellage ebenfalls eine Begrenzung auf 20° Celsius in Räumen vorgesehen ist. Mit Thermostaten ist die Temperatur von 20° Celsius auch einfach einzustellen: für die meisten Heizungen bedeutet dies Stufe 3.
Warum wird auf die Geschwindigkeitsbegrenzung für Autobahnen auf 100 km/h verzichtet?
Eine generelle Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen hat derzeit auf den Stromverbrauch nur wenig Einfluss. Grund dafür ist der heute noch relative kleine Anteil der Elektromobilität. Die nun veröffentlichten Entwürfe behandeln die Massnahmen bei einer Strommangellage. Eine Geschwindigkeitsbegrenzung könnte allenfalls als Massnahme ergriffen werden, sollte es in einer Strommangellage gleichzeitig zu einer Mangellage bei den Treibstoffen kommen.
Auf eine beschränkte Nutzung von Elektroautos als Sparmassnahme wird verzichtet. Warum?
Das Sparpotenzial der Elektromobilität ist zurzeit noch überschaubar. Auch soll eine weitere Elektrifizierung der Mobilität nicht gehemmt werden. Bei einem fortschreitenden Zuwachs der E-Mobilität könnte diese aber zu einem späteren Zeitpunkt ein wichtiges Element bei der Bewältigung einer schweren Strommangellage werden.
Wie werden die Kontrollen bei den Verboten und Einschränkungen durchgeführt?
Für die Kontrolle sind die Kantone zuständig. Die Beschränkungen und Verbote wirken im öffentlichen wie auch im privaten Raum. Die Massnahmen sind breit angelegt. Eine systematische Kontrolle ist deshalb nicht vorgesehen, insbesondere im privaten Bereich. Der Bund setzt darauf, dass die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung Verbote und Verwendungsbeschränkungen in einer schweren Krise respektiert. Der Sanktionskatalog des geltenden Landesversorgungsgesetzes (LVG; SR 531) sieht zurzeit noch keine Übertretungen vor. Das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) ist beauftragt, die Möglichkeit von Ordnungsbussen für Verstösse gegen das LVG in die Vernehmlassungsvorlage zur Teilrevision des LVG einfliessen zu lassen. Diese soll dem Bundesrat gemäss Beschluss vom 11. Januar 2023 bis Ende 2023 vorgelegt werden.
Weshalb werden nur Grossverbraucher kontingentiert?
Bei der Kontingentierung werden nur Verbrauchsstätten kontingentiert, welche einen Verbrauch ab 100 MWh haben. Nur diese haben die Möglichkeit, auf dem freien Markt elektrische Energie zu beschaffen. Dies betrifft über 34'000 Grossverbraucher, die knapp die Hälfte des Stromverbrauchs der Schweiz ausmachen. Unternehmen mit nur kleinen Filialen gelten nicht als Grossverbraucher, auch wenn sie insgesamt die Schwelle von 100 MWh überschreiten. Die Fokussierung auf diese Verbrauchergruppe hat neben dem grossen Einsparpotenzial den Vorteil, dass die Massnahme verbindlich umgesetzt werden kann und deren Wirkung schnell messbar ist. Die Grossverbraucher haben in der Regel einen Stromzähler, der den Verbrauch im zeitlichen Verlauf misst und dem Verteilnetzbetreiber automatisiert übermitteln kann. Kleinere Unternehmen verfügen heute meist noch nicht über diese Messmethode und können daher die Einsparung weder berechnen noch messen.
Wer berechnet, verteilt und kontrolliert die Kontingentierung in einer Mangellage?
Der zuständige Verteilnetzbetreiber (VNB) berechnet pro Kontingentierungsperiode das Kontingent für jeden einzelnen Grossverbraucher. Die Zuteilung der Kontingente erfolgt mittels Verfügung. Verfügende Behörde ist der Fachbereich Energie der wirtschaftlichen Landesversorgung WL. Die Zustellung erfolgt durch den VNB. Die Einhaltung der Kontingente wird von den zuständigen Verteilnetzbetreibern geprüft. Herausfordernder ist die Überwachung im Zusammenhang mit verteilnetzübergreifenden Multi-Site-Verbraucher und der Weitergabe von Kontingenten. In diesen Fällen erfolgt die Überwachung durch eine zentrale Koordinationsstelle. Der VSE wird beauftragt, diese Stelle zu bilden.
Weshalb gibt es grundsätzlich keine Ausnahmen von der Kontingentierung?
Die Kontingentierung ist eine wesentliche Massnahme, um Netzabschaltungen zu verhindern. Deshalb sind grundsätzlich keine Ausnahmen vorgesehen. Auch Betreiber von Infrastrukturen für die Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen können ihren Stromverbrauch senken. Wird die Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen jedoch zu stark eingeschränkt, sind spezifische Branchenlösungen nötig. Dies wurde für den öV und den Schienenverkehr erstellt und geht nun in die Vernehmlassung. Weitere Branchenkonzepte wie etwa für die Telekommunikation und die Abwasserreinigungsanlagen befinden sich in Erarbeitung.
Weshalb gelten für den öffentlichen Verkehr bei der Kontingentierung besondere Bestimmungen?
Der öffentliche Verkehr ist ein schweizweit vernetztes System. Mit dem eigenen Stromversorgungsnetz der SBB ist zwar der Bahnstrom grösstenteils sichergestellt. Viele Sicherungsanlagen (Signalisation, Bahnübergänge etc.) hängen aber vom öffentlichen 50 Hz-Stromnetz ab. Deshalb gelten für Unternehmen des öffentlichen Verkehrs mit Erschliessungsfunktion sowie Unternehmen des Schienengüterverkehrs bei einer Kontingentierung besondere Bestimmungen. Sie basieren auf dem Bewirtschaftungsmodell öV bei einer Strommangellage. Die SBB als Systemführerin und Betreiberin eines eigenen Stromnetzes hat dieses Modell mit dem Verband öffentlicher Verkehr (VöV) und dem Bundesamt für Verkehr (BAV) erarbeitet.
Dies ermöglicht, den versorgungsrelevanten öffentlichen Verkehr auch während den Bewirtschaftungsmassnahmen bis zu einem gewissen Grad aufrecht zu erhalten und gleichzeitig sicherzustellen, dass das übergeordnete Einsparziel erreicht wird.
Was sind «verteilnetzübergreifende Multi-Site-Verbraucher»?
Verteilnetzübergreifende Multi-Site-Verbraucher sind Unternehmen oder Gemeinwesen mit diversen Standorten mit je einem jährlichen Stromverbrauch von über 100 MWh in verschiedenen Verteilnetzen. Dabei können die Standorte über die ganze Schweiz verteilt sein.
Welche Unternehmen und Branchen gehören zu den «verteilnetzübergreifenden Multi-Site-Verbrauchern»?
Es gibt in jeder Branche Unternehmen mit diversen Standorten in verschiedenen Verteilnetzen. Als Beispiele können die Grossverteiler oder auch die Post genannt werden.
Wo kann ich mich als Multi-Site-Verbraucher registrieren?
Damit Sie als Unternehmen oder Gemeinwesen im Falle einer Kontingentierung oder Sofortkontingentierung Ihre Kontingente übergreifend bewirtschaften können, müssen Sie sich vorgängig bei der koordinierenden Stelle registrieren. Der VSE wird beauftragt, diese Stelle zu bilden. Die Registrierungsplattform finden Sie demnächst unter OSTRAL | Ostral.
Wie werden Schäden beim Ein- und Ausschalten im Rahmen von Netzabschaltungen verhindert?
Die Verteilnetzbetreiber (VNB) machen die konkreten Abschaltzeiten und Abschaltzonen auf geeignete Weise öffentlich bekannt und informieren die betroffenen Endverbraucherinnen und Endverbraucher sowie die Kantone, so dass diese rechtzeitig die notwendigen Vorkehrungen treffen können. Zudem ist jeder Verbraucher selber verantwortlich, seine Geräte in einen sicheren Zustand zu bringen, um Schäden zu verhindern. Die Abschaltpläne werden in regelmässigen Abständen angepasst und würden erst vor Inkrafttreten der Verordnung über die Netzabschaltung finalisiert werden. Unternehmen, Kantone und Krisenstäbe können die Abschaltpläne der VNB einsehen.
Welche Ausnahmen gelten bei Netzabschaltungen?
Gewisse Endverbraucher, welche die Versorgung mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen sicherstellen, können von Netzabschaltungen, sofern dies technisch möglich ist, ausgenommen werden. Nicht betroffen von den zyklischen Netzabschaltungen sind zum Beispiel Stromnetze für die medizinische Grundversorgung in Spitälern und Pflegeeinrichtungen, für die Rettungsdienste, die Armee und die Telekommunikation. Auch kann ein Teilnetz ausgenommen werden, wenn dort die Stromproduktion grösser ist als der Stromverbrauch. Bei den Netzabschaltungen wird eine zusätzliche Variante eingeführt mit einem Zeitfenster, während welchem alle Teilnetzgebiete der Schweiz gleichzeitig mit Strom versorgt werden. Dies dient vor allem dem Schutz kritischer Infrastrukturen, dem elektronischen Zahlungsverkehr und der elektronischen Datenverarbeitung.
Was machen vulnerable Menschen, die auf Strom angewiesen sind (Beatmungsgeräte, Rollstuhllifte, etc.), bei Netzabschaltungen?
Sollte der Bundesrat «ultima ratio» Netzabschaltungen anordnen müssen, dann ist es unerlässlich, Vorkehrungen zu treffen, da es technisch nicht möglich ist, nur einzelne Haushaltungen mit Strom zu versorgen. Gesundheitlich eingeschränkten Personen muss klar sein, wo sie sich im Fall einer schweren Strommangellage aufhalten können, um sicher medizinisch versorgt zu sein. Wer Zuhause aus gesundheitlichen Gründen auf gewisse elektrische Geräte angewiesen ist, sollte sich mit seiner medizinischen Betreuung und allenfalls dem angeschlossenen Spital absprechen. Bestimmte Energieverbraucher wie Spitäler und Notdienste können von zyklischen Netzabschaltungen ausgenommen werden, sofern die technischen Voraussetzungen erfüllt sind.
Können Krematorien in einer schweren Strom- oder Gasmangellage ihren Betrieb fortsetzen?
Krematorien können auch in einer schweren Strom- oder Gasmangellage weiter funktionieren. Sie zählen zu jenen Anlagen, die beim Strom von Netzabschaltungen ausgenommen werden, sofern dies technisch möglich ist. Diese Ausnahmeregelung gilt auch für Tierkrematorien. Die Versorgung mit lebenswichtigen Gütern oder Dienstleistungen soll in einer schweren Strommangellage weiter gewährleistet werden.
Dasselbe gilt in einer Gasmangellage. Auch dann sind einige Institutionen, Dienstleister und Branchen von der Kontingentierung ausgenommen, da ihr Weiterbetrieb essentiell ist. Dazu zählen auch beim Gas die Krematorien.
Sind Entschädigungen (für Unternehmen) wegen allfälliger Bewirtschaftungsmassnahmen (Kontingentierung etc.) vorgesehen?
Ein aus behördlichen Massnahmen (z.B. Kontingentierungsmassnahmen) resultierender Arbeitsausfall kann bei der Kurzarbeitsentschädigung (KAE) angerechnet werden, sofern alle anderen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind (Art. 51 Arbeitslosenversicherungsverordnung AVIV).
Besteht die Möglichkeit, für Unternehmen mit gesetzlichem Grundversorgungsauftrag die Vorschriften im Bewirtschaftungsfall zu lockern?
Analog zur Verordnung über Massnahmen zur Senkung des Verbrauchs von elektrischer Energie im Personenverkehr sowie im Güterverkehr auf der Schiene existieren weitere Branchenlösungen für die Telekommunikationsbranche und die Abwasserreinigung. Branchenlösungen sollen die Ausnahme bleiben. Trotz allenfalls gewährten Erleichterungen blieben die Unternehmen verpflichtet, alles daran zu setzen, die Vorgaben im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu erfüllen.
Welche Rolle spielen der VSE, OSTRAL und die Verteilnetzbetreiber?
Dem Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) kommt bei der Vorbereitung und Umsetzung der Bewirtschaftungsmassnahmen eine wichtige Rolle zu. Der VSE hat vom Bundesrat per Verordnung (VOEW) die Aufgabe erhalten, gemäss Vorgaben des WL-Fachbereichs Energie die notwendigen Vorbereitungsmassnahmen für den Fall einer Strommangellage zu treffen. Dazu hat der VSE die Organisation für Stromversorgung in Ausserordentlichen Lagen (OSTRAL) gebildet. Die Organisation besteht aus rund 600 Verteilnetzbetreibern (VNB) und weiteren Akteuren der Elektrizitätswirtschaft. Der VSE wird beauftragt, für die Kontingentierung die koordinierende Stelle für den Kontingenthandel zu schaffen.
OSTRAL untersteht der wirtschaftlichen Landesversorgung WL und wird auf deren Anweisung aktiv, wenn eine Strommangellage eintritt. Die OSTRAL nimmt beim Vollzug der WL-Massnahmen Verwendungsbeschränkungen und Verbote, Kontingentierung, Sofortkontingentierung und Netzabschaltungen verschiedene Aufgaben wahr. Auch gehören Informationen, Schulungen und Tests zu den Aufgaben der OSTRAL.
Verteilnetzbetreiber (VNB) geben ihren Kunden Auskunft zur Versorgung ab dem Stromnetz, nicht aber zu technischen Fragen etwa zu Geräten. Für solche Fragen sind Gerätelieferanten und -hersteller zuständig.
Wie hoch ist der Gasanteil am gesamten Energieverbrauch der Schweiz und wie verteilt sich dieser Anteil saisonal?
Mit Erdgas werden rund 15 % unseres Energieverbrauchs gedeckt. Auf Erdölprodukte entfallen fast 50% und auf Strom rund 25%. Die Schweiz ist somit eines der europäischen Länder mit sehr niedrigem Gasanteil. Dabei verteilt sich dieser sehr ungleich auf die kalte und die warme Jahreszeit: Nach dem Ende der Heizsaison ist der Gasverbrauch rund sieben Mal niedriger als im Winter.
Wie ist die aktuelle Situation der Gasversorgung in der Schweiz? Können sich die Schweiz und Europa vollständig vom russischen Gas abwenden?
National: Die Versorgung der Schweiz mit Erdgas ist derzeit gesichert. Aktuell stehen alle inländischen Pipelinekapazitäten sowie die Import- und Exportkapazitäten uneingeschränkt zur Verfügung.
International: Der Krieg in der Ukraine weiterhin Auswirkungen auf die gesamte europäische Versorgungslage. Trotz der stark eingeschränkten Pipeline-Transportkapazitäten ist die aktuelle Versorgungssicherheit in Nordeuropa bisher stabil. Dies ist vor allem auf die gesteigerten LNG-Importe und die Erhöhung der norwegischen Produktion zugunsten der europäischen Versorgung zurückzuführen. Der Russland-Krieg hat somit – mit Ausnahme der stark gestiegenen und höchst volatilen Preise - derzeit keine direkten Auswirkungen auf die Gasversorgung der Schweiz.
Die europäischen Erdgasspeicher sind gut gefüllt. Einige Länder beginnen jedoch bereits, das gespeicherte Gas zu nutzen.
Die Schweiz bezieht ihr Gas über den europäischen Markt. Dieser verfügt kurzfristig über die notwendigen Mittel, um einen möglichen Ausfall der russischen Gasversorgung zu bewältigen, und kann Gas aus verschiedenen Quellen beziehen, insbesondere durch Lieferungen von verflüssigtem Erdgas (LNG).
Längerfristig müssten sich die europäischen Märkte neu organisieren, um den Ausfall der russischen Gaslieferungen zu kompensieren.
Wie kann die wirtschaftliche Landesversorgung (WL) eingreifen, wenn es zu wenige oder keine Gas-Lieferungen mehr gibt?
Wenn es weniger Gas gibt, kann die Schweiz nicht auf eigene Gas-Speicher zurückgreifen. Deshalb wird mit verschiedenen Massnahmen die noch verfügbare Menge Erdgas bestmöglich genutzt. Die Massnahmen erfolgen schrittweise: Bei einer drohenden Mangellage im Gasbereich richtet sich der Bund zusammen mit der Gasbranche mit Sparappellen an alle Erdgasverbraucher. Diese Empfehlungen sollen dazu beitragen, den Verbrauch von Erdgas deutlich zu senken. Private Haushalte, die mit Gas ihre Wohnung und das Wasser heizen oder kochen, können mit geringen Einschränkungen gute Resultate erzielen und zugleich sparen. Mit einer Reduktion der Raumtemperatur um ein Grad während der Heizperiode reduziert sich der Gasverbrauch um rund 6 Prozent. Weitere Massnahmen finden Sie hier: Sparappelle Erdgasverbrauch (admin.ch)
Gleichzeitig wird die Umschaltung der Zweistoffkunden angekündigt. Diese können in ihrem Betrieb von Erdgas auf Erdöl oder andere Brennstoffe wechseln. Die Umschaltung erfolgt dann per Verordnung, wenn in der Schweiz weniger Gas verfügbar ist. Kommt es zur gleichen Zeit zu einer Mangellage im Mineralölbereich, gibt es ein Heizöl-Pflichtlager, das extra für die Zweistoffkunden angelegt ist. Wenn die Sparappelle und die Umschaltung von Zweistoffanlagen nicht genügen, um die Gasmangellage zu bewältigen, kommt es zu Kontingentierungen des Erdgasverbrauchs von Einstoffanlagen.
Welche Massnahmen wurden bisher bereits umgesetzt?
Der Bundesrat hat bereits am 4. März 2022 die Voraussetzungen geschaffen, damit die Gasbranche gemeinsam Gas beschaffen kann. Am 18. Mai 2022 hat er das Konzept der Gasbranche zur Kenntnis genommen. Am 29. Juni 2022 hat er die regionalen Gasversorger gestützt auf das Landesversorgungsgesetz verpflichtet, eine physische Gasreserve in Gasspeichern der Nachbarländer sowie Optionen für zusätzliches nicht-russisches Gas zu beschaffen.
Am 4. Mai 2022 hat der Bundesrat den Verband der Schweizerischen Gasindustrie (VSG) beauftragt, eine Kriseninterventionsorganisation (KIO) für den Gassektor aufzubauen; der Bundesrat hat den VSG zudem beauftragt, ein Konzept für ein Monitoring aufzubauen. Gleichzeitig wurde ein Monitoringsystem bei Swissgrid für den Strombereich lanciert.
Da es in der Schweiz es kein Gasversorgungsgesetz und damit (anders als im Strombereich) auch keinen Netzbetreiber wie Swissgrid oder keine Regulierungsbehörde wie die ElCom gibt, musste die KIO vollständig neu aufgebaut werden. Auch die Datenlage ist derzeit ungenügend. Deshalb wird ein Monitoringsystem eingerichtet, das den Fachpersonen ab Anfang Dezember zur Verfügung stehen und ihnen als Entscheidungshilfe dienen soll
Tatsächlich wurde aber in der Schweiz, wie auch insgesamt in Europa, die geopolitische Dimension des Gases unterschätzt. Die Branche ging davon aus, dass mit der Einführung des reverse flow, d.h. dass die Pipeline in beide Richtungen Gas transportieren kann, die Versorgung gesichert ist. Das hat sich als Fehleinschätzung erwiesen, da auch Norditalien stark von russischen Gasimporten abhängig ist.
Was tut der Bundesrat, um die Gaslieferungen in die Schweiz zu sichern?
Die Schweiz verhandelt Solidaritätsabkommen mit unseren Nachbarstaaten. Diese decken aber nur die Versorgung der «geschützten Kundinnen und Kunden» ab.
Die Schweiz beteiligt sich solidarisch an der Reduktion des Gasverbrauchs. Zudem haben wir uns bereits freiwillig an der Füllung der europäischen Gasspeicher beteiligt, indem die Gasbranche verpflichtet wurde, 15% des Jahresverbrauchs in Speichern die Nachbarländer abzusichern.
Weshalb gibt es keinen genauen Plan?
Ein genauer Plan ist nicht möglich und es sollen auch keine falschen Hoffnungen geweckt werden. Der Fokus liegt in ganz Europa darauf, eine Mangellage zu verhindern. Falls es trotzdem zu einer solchen kommen sollte, könnten die freiwilligen Sparapelle zusammen mit der Umschaltung der Zweistoffanlagen allenfalls ausreichen. Exportverbote in den Nachbarländern könnten aber zu einer abrupten Verschlechterung der Versorgung führen. Die Schweiz muss sich daher auch auf solche Fälle vorbereiten.
Deshalb wurde eine Konsultation durchgeführt, die das vollständige Set der möglichen Massnahmen für den Fall einer schweren Mangellage zeigt. Nur in einer sehr schweren Mangellage wäre es denkbar, dass alle Bestimmungen gleichzeitig umgesetzt werden müssten. Die umgesetzten Massnahmen müssen immer verhältnismässig sein und der jeweiligen Schwere einer Mangellage angepasst werden.
Weshalb werden nicht bereits jetzt verbindliche Massnahmen erlassen?
Die vorliegenden Verordnungsentwürfe basieren auf dem Landesversorgungsgesetz (LVG). Dieses Gesetz ermöglicht im Fall einer schweren Mangellage mit lebenswichtigen Gütern starke Eingriffe in die Wirtschaftsfreiheit. Diese können aber nicht bereits jetzt erlassen werden, da die Versorgung der Schweiz derzeit gesichert ist. Deshalb hat der Bund eine Sparkampagne lanciert und setzt auf das freiwillige Engagement von Bevölkerung und Wirtschaft.
Weshalb wird nicht zwischen Erdgas und Biogas unterschieden?
Die Verbote und die Kontingentierung beziehen sich auf leitungsgebundenes Gas. In einer Pipeline kann nicht zwischen Biogas und Erdgas unterschieden werden. .
Weshalb wurden keine Gasspeicher in der Landesversorgung festgeschrieben und damit physische Reserven in der Schweiz sichergestellt?
Die Gasversorgung wurde von der Branche als sicher eingestuft mit Haupteinspeisepunkten im Norden, Westen und Süden. Ein Szenario mit einer Unterbrechung der Versorgungsrouten aus Russland existierte weder auf nationaler noch europäischer Ebene. Mangels physischer Speichermöglichkeiten in der Schweiz wurden Ersatzpflichtlager in Form von Heizöl vorgeschrieben, für 4,5 Monate Normalverbrauch von Zweistoffanlagen (Letztere können mit Gas und Heizöl betrieben werden).
Weshalb arbeitet man nicht mit Zielvorgaben?
In einer Mangellage ist physisch zu wenig Gas vorhanden. Ein Kontingent ist somit ein verbindliches Ziel. Das Ziel muss aber erreicht werden. Denn in der Kontingentierung geht es darum, Schlimmeres zu verhindern – insbesondere einen Netzzusammenbruch.
Weshalb werden in der Schweiz keine Auktionen durchgeführt, damit die Wirtschaft ihren Gasverbrauch senkt?Gestützt auf das Landesversorgungsgesetz können aktuell keine Auktionen durchgeführt werden. Dazu fehlt die Rechtsgrundlage. In einer Mangellage machen Auktionen zudem keinen Sinn. Damit würde man beispielsweise einfach die Umschaltung der Zweistoffanlagen finanzieren.
Um eine bessere Allokation zu erreichen, wird deshalb die Weitergabe von Kontingenten ermöglicht.
Wie funktioniert die Weitergabe der Kontingente?
Die Unternehmen sind frei darin, die Kontingente zu handeln, soweit dies technisch möglich ist. Diese Systeme werden derzeit entwickelt.
Weshalb sind die Privathaushalte von der Kontingentierung ausgenommen?
Eine Kontingentierung ist für die Privathaushalte sehr schwierig umzusetzen. Es muss auch verhindert werden, dass Personen, die bereits jetzt sehr sparsam Heizen, bestraft werden.
Verbote und Verwendungsbeschränkungen sind deshalb ein gezielterer Weg, um den Verbrauch der Privathaushalte zu senken.
Weshalb sind Polizei und Feuerwehr von der Kontingentierung ausgenommen, nicht aber die Schulen?
Die Definition der sogenannten geschützten Kundinnen und Kunden orientiert sich an einer EU-Regelung. Damit soll die Kompatibilität mit der EU sichergestellt und der Abschluss von Solidaritätsabkommen erleichtert werden. Schulen können ihren Verbrauch durch eine geringere Raumtemperatur senken. Polizei und Feuerwehr wären aber auch von der Absenkung der Raumtemperatur betroffen.
Sollte es nicht eine Priorisierung nach Branchen geben?
Grundsätzlich könne alle ihren Verbrauch senken und effizienter werden: auch Produzenten von lebenswichtigen Gütern. Viele Unternehmen haben auch auf andere Energieträger umgestellt. Je mehr Ausnahmen es gibt, desto weniger wirksam ist die Kontingentierung. Zudem ist die Weitergabe von Kontingenten möglich. Unternehmen können so mehr Kontingente beschaffen. Letztlich geht es immer darum, den Netzzusammenbruch zu verhindern – dann könnte niemand mehr versorgt werden.
Wer wird kontingentiert?
Alle ausser die Privathaushalte, Spitäler, Alters- und Pflegeheime, Polizei und Feuerwehr, Betriebe zur Sicherstellung der Trinkwasser- und Energieversorgung, Abwasserreinigung und Abfallentsorgung sowie der Betriebe von Weichenheizungen auf dem nationalen Schienennetz.
Weshalb muss das Kontingent selbst berechnet werden?
In der Schweiz ist die Datenlage zum Gasmarkt derzeit noch schlecht. Gerade die kleineren Verbraucherinnen und Verbraucher kennen ihren Verbrauch nur selbst.
Werden alle Regionen gleich kontingentiert werden?
Der Kontingentierungssatz wird stets anhand der Schwere der Mangellage festgelegt. Da die Schweiz aus unterschiedlichen Richtungen versorgt wird, lässt es sich nicht ausschliessen, dass eine Mangellage eine Region stärker trifft. Die Pipelines ermöglichen es nicht, das Gas gleichmässig in der Schweiz zu verteilen.
Weshalb dauert die Bewirtschaftungsperiode zu Beginn 24 Stunden?
Dies ermöglicht trotz aller Markteinschränkungen eine möglichst bedarfsnahe Versorgung, vor allem bei einer rasch einsetzenden Angebotsverknappung. Dies verhindert, dass die Verbraucher ihre auf einen längeren Zeitraum ausgelegten Kontingente innerhalb kürzester Tage verbrauchen und dadurch unter Umständen die Netzstabilität gefährden bzw. die kontinuierliche Versorgung des Landes nicht mehr gewährleisten. Bei einer sich stabilisierenden oder verbessernden Versorgunglage kann die Kontingentierungsperiode auf eine oder mehrere Wochen ausgedehnt werden.
Wer kontrolliert?
Die Kontrolle obliegt der Kriseninterventionsorganisation KIO. Darin ist auch die Wirtschaft vertreten. Bei Verstössen macht sie Meldung an den Fachbereich Energie der Wirtschaftlichen Landesversorgung. Die Strafverfolgung obliegt letztlich den Kantonen.
Gilt die Ausnahme für Betriebe der Abfallentsorgung gemäss Art. 1 Abs. 2 Bst. g auch für Anlagen zur Abluftentsorgung?
Die Ausnahme gilt ausschliesslich für Betriebe mit dem primären Zweck der Abfallentsorgung wie Kehrichtverbrennungsanlagen. Nicht unter die Ausnahme fallen Betriebe, die über thermische Abluftreinigungsanlagen verfügen, derer primärer Zweck aber nicht die Abfallentsorgung ist.
Können Krematorien in einer schweren Strom- oder Gasmangellage ihren Betrieb fortsetzen?
Krematorien können auch in einer schweren Strom- oder Gasmangellage weiter funktionieren. Sie zählen zu jenen Anlagen, die beim Strom von Netzabschaltungen ausgenommen werden, sofern dies technisch möglich ist. Diese Ausnahmeregelung gilt auch für Tierkrematorien. Die Versorgung mit lebenswichtigen Gütern oder Dienstleistungen soll in einer schweren Strommangellage weiter gewährleistet werden.
Dasselbe gilt in einer Gasmangellage. Auch dann sind einige Institutionen, Dienstleister und Branchen von der Kontingentierung ausgenommen, da ihr Weiterbetrieb essentiell ist. Dazu zählen auch beim Gas die Krematorien.
Was wird verboten werden?
Der Verordnungsentwurf enthält alle möglichen Massnahmen für den Fall einer schweren Mangellage. Das heisst nicht, dass auch alle in Kraft gesetzt werden, falls es zu einer Mangellage kommen sollte.
Verboten werden soll das Heizen von ungenutzten Räumen, Schwimmbädern, Dampfbädern und Saunen sowie der Betrieb von Heizstrahlern, Warmluftvorhängen, Gas-Feuern, Hochdruckreinigern und Warmluftzelten. Das gilt sowohl für Unternehmen, als auch für Privathaushalte. Zudem soll das Heizen von Innenräumen auf 20 Grad begrenzt werden
Weshalb will der Bundesrat den Privathaushalten Vorschriften machen?
In der Schweiz haben die Privathaushalte einen Anteil von über 40 Prozent am gesamten Gasverbrauch. Es ist somit nicht möglich, ohne Beitrag der Haushalte den Verbrauch signifikant zu senken. Wir hoffen aber, dass bereits die Sparappelle eine ausreichende Wirkung haben würden.
Bei jeder ergriffenen Massnahme geht es darum, Schlimmeres zu verhindern. Bei einem Netzzusammenbruch könnten auch die Privathaushalte nicht mehr versorgt werden.
Wie werden die Verbote kontrolliert?
Die Verordnungsentwürfe basieren in erster Linie darauf, dass sich die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung an Gesetze hält. Die Kontrollen obliegen den Kantonen. Das ist in unserem föderalistischen System üblich.
Könnten Bussen ausgestellt werden?
Das Landesversorgungsgesetz bietet keine Basis für Ordnungsbussen. Verstösse gegen die Vorschriften werden als Vergehen geahndet. Geldstrafen müssen aber nicht höher sein als Bussen und können per Strafbefehl von der Staatsanwaltschaft behandelt werden.
Was ist die Rolle der Kantone bei den Verboten und Verwendungseinschränkungen? Müssen sie Kontrollen durchführen?
Kontrollen und Strafverfolgung liegen in der Kompetenz der Kantone. Der Bund macht keine Vorgaben.
Letzte Änderung 22.08.2024